Wir kommen nun zu einem ganz beliebten Teil der Grammatik der romanischen Sprachen, den Zeiten der Vergangenheit. Hierzu einige Vorbemerkungen. Die romanischen Sprachen, also zum Beispiel das Italienische, Spranische und Französische, kennen vier Vergangenheitszeiten im Indikativ (das Wort Indikativ haben Sie gar nicht gelesen, das interessiert uns im Moment überhaupt nicht, es gibt zwar noch einen congiuntivo, aber das interessiert uns nicht, sie haben bis jetzt nur gelesen, dass die romanischen Sprachen vier Vergangenheitszeiten haben, das mit dem Indikativ ist eine Sehstörung). Das heißt, sie haben eine Vergangenheitszeit mehr als das Deutsche. Das ist schon an und für sich verblüffend, aber wirklich gemein ist, dass diese Zeiten, ganz im Gegensatz zum Idiom des Stammes der Teutonen, wir werden darauf gleich zurückkommen, nicht gegeneinander austauschbar sind.
Allerdings, und dies wollte der Autor noch voranschicken, ist das Zeitensystem in seiner ganzen herrlichen Pracht und Blüte nur noch im Spanischen voll erhalten. Im Französischen blüht der passé simple nur noch im sprachempfindlichen Gemüt der Dichter und Denker, genaueres finden sie hier www.franzoesisch-lehrbuch.de.
Das Italienische nimmt hier eine Mittelstellung ein. Die Verwendung des passato remoto ist regional verschieden, in manchen Regionen ist es vorhanden und in anderen nicht. Einen so klaren Schnitt wie im Französischen können wir also im Italienischen nicht machen. Wir werden also das passato remoto hier so darstellen, also ob es noch in ganzer Pracht blühen würde, wie im Spanischen (soit dit en passant, es gibt vereinzelt auch in Südamerika Auflösungserscheinungen, allerdings andersherum wie im Französischen, das pasado perfecto verschwindet und das pasado indefinido setzt sich an dessen Stelle).
Der langen Rede kurzer Sinn, wir beschreiben hier das komplexere System, das immer richtig ist. Sie können aber in manchen Gegenden Italiens die Situation vorfinden, dass das passato prossimo das passato remoto ersetzt hat und umgekehrt, also z.B. das passato prossimo die Funktion des passato remoto (punktuelle, abgeschlossene, aufeinanderfolgende Handlungen in der Vergangenheit) übernimmt. Wir werden hier aber das "ursprüngliche" System beschreiben, also ein System, das so auch im Spanischen vorliegt. Abschließend noch ein Zitat eines italienischen Linguisten, der sich nochmal zu der Thematik äußert, dass nicht in allen Gegenden Italiens zwischen dem passato prossimo und passato remoto so klar unterschieden wird wie im Spanischen, wobei das "spanische System" auch im Italienischen in den meisten Grammatiken als die Norm beschrieben wird.
"Giovanni Nencioni pone anche l'accento sull'aspetto diatopico del problema, ovvero sulla diversa distribuzione geografica della scelta fra i due tempi verbali, sottolineando come «l'alternanza del passato prossimo col passato remoto, nella lingua sia parlata che scritta, non è uniforme in Italia, perché vi influisce anche il sostrato dialettale dei parlanti o scriventi. Le migliori grammatiche dicono che nell'Italia settentrionale prevale l'uso del passato prossimo, nell'Italia meridionale l'uso del passato remoto, benché il passato prossimo vi acquisti terreno; in Toscana l'alternanza è tuttora viva e significativa."
"Givoanni Nenciono geht auch auf den geographischen Aspekt des Problems ein, also darauf, dass die Wahl zwischen diesen beiden Zeiten abhängig ist von der Region, unterstreicht, dass die Verwendung des passato prossimo und passato remoto, in der geschriebenen wie auch in der gesprochenen Sprache, nicht in ganz Italien gleich ist, weil diese vom jeweiligen Dialekt der Sprecher oder Schreiber abhängt. Die besten Grammatiken behaupten, dass in Norditalien, das passato prossimo überwiegt, in Süditalien das passato remoto, wenn auch das passato prossimo zunehmend an Bedeutung gewinnt. In der Toscana ist der Wechsel noch ausgeprägter."
Aber auch der oben genannte Artikel beschreibt ein System, das sich 100 prozentig mit dem des Spanischen deckt, dies ist die Norm, die wir hier beschreiben.