Wie bereits oben erwähnt, steuern wir auf ein ziemlich konkretes Ziel zu, wir wollen die Stellung der Pronomen und Pronominaladverbien klären. Das setzt aber voraus, dass alle Pronomen und Pronominaladverbien, die von diesem Vorgang betroffen sind, vorgestellt wurden. Wir werden in einem zweiten Schritt alles, was hier angesprochen wurde, nochmal behandeln. Das Pronomen, das wir uns jetzt anschauen, ist das bereits bekannte Reflexivpronomen si (Si lava <=> Er wäscht sich). Allerdings wird dieses Pronomen auch in einer Konstruktion verwendet, die erklärungsbedürftig ist, dem "si passivante". Wer Spanisch kann, weiß jetzt, was die Stunde geschlagen hat, es handelt sich um die Konstruktion, die im Spanischen "pasiva refleja" heißt. Um was geht es?
Ein Satz steht im Passiv, wenn das Subjekt des Satzes nicht der Ausführende der durch das Verb beschriebenen Handlung ist, sondern der Adressat.
Das Volk wurde von der Regierung abgewählt.
In diesem Satz ist das Volk, das Subjekt, nicht aber der Ausführende der Handlung, sondern der Adressat der Handlung. Die Regierung war mit dem Volk unzufrieden und hat es folglich abgewählt. Die Regierung ist der Ausführende der durch das Verb beschriebenen Handlung, nicht aber der Adressat der Handlung und vor allem nicht das Subjekt des Satzes (Wer wurde abgewählt ? Das Volk). Die Bedeutung des Passivs für das Deutsche ergibt sich aber nicht durch die Tatsache, dass das Subjekt des Satzes nicht der Ausführende der Handlung ist sondern lediglich die Handlung erduldet. Wäre dem so, könnte man ihn abschaffen, den Satz einfach im Aktiv konstruieren (Die Regierung hat das Volk abgewählt). Er hätte keine echte Funktion, keine inhaltliche Bedeutung. Die Bedeutung des Passivs ergibt sich aus der Tatsache, dass es mit dem Passiv möglich ist, den Ausführenden der Handlung nicht zu nennen, entweder weil er unbekannt ist, irrelevant oder nicht genannt werden soll. Im Grunde hat das Passiv die gleiche Funktion wie das unbestimmte Pronomen man.
Das Haus wird nicht repariert.
Man repariert das Haus nicht.
Es ist diese Funktion, die Fähigkeit den Ausführenden einer Handlung unbestimmt zu lassen, wodurch das Passiv die Bedeutung hat, die es nun mal im Deutschen hat, da es sehr oft Situationen gibt, wo der Ausführende einer Handlung nicht genannt werden kann oder nicht genannt werden soll. In allen romanischen Sprachen spielt das Passiv, wobei es es natürlich gibt, eine weit geringere Rolle und im Spanischen wie auch im Italienischen wird er selten benutzt, denn diese Sprachen kennen eine andere Konstruktion, die das gleiche leistet, nämlich die pasiva refleja (Spanisch) bzw. das si passivante (Italienisch). Betrachten wir diesen Satz. Die italienischen Sätze sind "echte" Sätze, nur die deutschen Sätze sind didaktisch motivierte Hilfskonstruktionen, mit denen man sich die italienische Struktur klar machen kann.
Beispiele
Man verkauft Häuser.
Sich verkaufen die Häuser. Si vendono le case.
Man baut Obst an.
Obst baut sich an. Si coltiva frutta.
Die Konstruktion ist also klar. Ist der Ausführende unbekannt, so ist das Akkusativobjekt des aktivischen Satzes (Loro vendono le case <=> Sie verkaufen die Häuser) das Subjekt der Konstruktion mit si passivante. Das Akkusativobjekt wird zum Subjekt des "si passivante" ist Ausführender und Ziel der durch das Verb beschriebenen Handlung. Die Häuser verkaufen sich selbst und das Obst baut sich selbst an. Wenn aber aus dem Akkusativobjekt des aktivischen Satzes das Subjekt des Satzes im si passivante wird, dann ist auch klar, dass sich die Verbform ändert. Die Häuser (dritte Person Plural) verkaufen (dritte Person Plural) sich und das Obst (dritte Person Singular) baut (dritte Person Singular) sich an.
Originell sind dann solche Sätze, wie man sie durch eine Google Suche finden kann.
Beispiele
Wie verdient man Geld ohne etwas zu tun?
Come si guadagnano soldi senza fare nulla?
Da im Italienischen ja die Gelder sich selbst verdienen (si guadagnano) ist die Antwort ja schon durch die grammatikalische Struktur des Satzes vorgegeben. Gelder (im italienischen immer Plural) verdienen sich selbst. Hat man welches, geht das von ganz alleine. Die italienische Konstruktion "Die Gelder verdienen sich selbst" ist also auch aus ökonomischer Sicht eine richtige Aussage.
Was aber nun, wenn der aktive Satz gar kein Akkusativobjekt hat? Dann kann der Trick ja nicht funktionieren.
Sonntags geht man in die Kirche.
In diesem Fall kann das Akkusativobjekt schlecht zum Subjekt des Satzes werden, denn es gibt gar keines. Betrachten wir einmal diese beiden Sätze.
Beispiele
a) In der Schule lernt man lesen und schreiben.
Nella scuola si impara a leggere e scrivere.
b) Sich ausgeben viele Gelder für unnötige Sachen.
Si spendono molti soldi per cose inutili.
Wir haben beide Male ein si und a) und b) sieht auch ähnlich aus, tatsächlich aber sind die Konstruktionen grundverschieden. a) ist überhaupt kein si passivante, im Satz a) bedeutet si schlicht und einfach man. Wir können den Satz nicht mit einem reflexiven Verb übersetzen, auch nicht in einer didaktisch motivierten Hilfsübersetzung. Man sollte also ab und zu unterscheiden können, ob es sich tatsächlich um ein si passivante handelt oder ob das si einfach nur ein unbestimmtes Pronomen ist, wie das deutsche man. Ist es lediglich ein deutsches man, spricht man von "si impersonale".
Es gäbe jetzt noch ein paar Details zu klären, die lassen wir jetzt aber ungeklärt und erklären sie im Kapitel über das Passiv. Wir können jetzt einen ersten Überblick über die Stellung der Personalpronomen geben.